Wohnstraßen: Späte Abfuhr für Andritzer
- Erich Cagran
- 23. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Im Jahr 2022 wurden Wohnstraßen beantragt, die Voraussetzungen geprüft, 78 Prozent der Haushalte stimmten zu, Vizebürgermeisterin Judith Schwentner hat entschieden, die Errichtung wird laut Verkehrsplanung „voraussichtlich im Frühjahr 2023“ erfolgen. September 2025: Dieselbe Verkehrsplanung teilt nun mit, dass „die Maßnahme der Einrichtung von Wohnstraßen in diesem Bereich nicht geeignet ist“.

Die Geschichte ist eine Art „Never ending Story“. 2022 haben Anrainer der Zelinkagasse und Geisslergasse aufgrund anhaltend gefährlicher und gefährdender Verkehrs-Situationen – insbesondere durch rasende Radfahrer in den engen Gassen - den Wohnstraßen-Antrag eingebracht. Die Verkehrsplanung prüfte die Voraussetzungen und erklärte im Jänner 2023 schriftlich per „Haushaltsinformation“, dass die „Wohnstraßen geplant und das straßenpolizeiliche Verfahren zur Umsetzung eingeleitet wird. Und am Ende der Erläuterung: „Die Einrichtung der Wohnstraße wird voraussichtlich im Frühjahr 2023 erfolgen“.
Geschehen ist jedoch nichts von alledem. Anlässlich einer Bezirksversammlung im Oktober 2024 mit Judith Schwentner fragten Bezirksrat Andreas Mautner, Klubobmann Alexis Pascuttini (KFG) und Anrainer-Vertreter nach. Die Vizebürgermeisterin verwies dazu, ohne als Verantwortliche Stellung zu nehmen, lapidar an Verkehrsplanungs-Chef Wolfgang Feigl. Dieser, sichtlich nach Argumenten ringend: „Einige Autofahrer unter den Anrainern haben nachträglich Bedenken geäußert… wir suchen nach weiteren Lösungen“.
Doch auch bis Sommer 2025 sind keinerlei Maßnahmen erfolgt. Ergo dessen richtete die BIA-BürgerInitiativeAndritz namens der Anrainer im Juni eine entsprechende Anfrage an Bezirksvorsteherin Doris Kampus. Diese antwortete prompt, sie habe die Anfrage an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Punkt – und kein Wort zur und in der Sache selbst. Erst nach zweimaliger Urgenz teilte Kampus Mitte September mit: In den nächsten Tagen werde eine Information an die Anrainer ergehen.
In Kalenderwoche 38 2025 (also in der Vorwoche) nun der Hammer in Schriftform. Dieselbe Verkehrsplanungs-Abteilung (konkret: Abteilungsleiter Wolfgang Feigl) teilte in einer neuerlichen „Haushaltsinformation“ mit, „dass nach vertiefter Prüfung die Maßnahme der Einrichtung von Wohnstraßen in der Geisslergasse, dem Ursprungweg und der Zelinkagasse nicht geeignet ist“. Die Begründung ist so unglaublich, wie fadenscheinig. „Uns ist bewusst, dass viele Anrainer sich eine höhere Aufenthaltsqualität und mehr Sicherheit im Wohnumfeld wünschen. Leider haben die örtlichen Gegebenheiten – insbesondere die enge Straßenführung und die hohe Anzahl an Radfahrenden – gezeigt, dass eine Wohnstraße in diesem Bereich nicht die geeignete Lösung darstellt“. Anrainer fragen irritiert: Die der Sicherheit dienende Maßnahme einer Wohnstraße ist keine geeignete Lösung, …? Eigentlich ein veritabler Skandal.

Das Argument der Verkehrssicherheit ist es, warum sich die Anrainer so deutlich für eine Wohnstraße ausgesprochen haben. Wobei die Gefahr primär von den angesprochenen Radfahrern, die mit viel zu hohen Geschwindigkeiten und die Rechtsregel weitgehend ignorierend, diese engen Straßen befahren, Fußgänger, Schulkinder und Seitenstraßen-Verkehr permanent gefährden. Die Verkehrsplanung selbst führte schon 2022 die Beweissicherung durch, alle für eine Wohnstraße erforderlichen Voraussetzungen wurden erbracht. Einschließlich dem Einverständnis von 78 (!) Prozent der dortigen Haushalte. Als Ergebnis erfolgte im Jänner 2023 die „Haushaltsinformation“ an alle Haushalte zwischen Zelinkagasse (ab Haberlandtweg) und Ursprungweg bzw. zwischen Ursprungweg und Geisslergasse bis Haberlandtweg.
Bei den Betroffenen wird bereits laut über Protestmaßnahmen nachgedacht.

Kommentar: Planlos oder willfährig?
Der Erläuterungsbericht sagt es glasklar: Eine Wohnstraße ist ein Mittel der Verkehrsplanung, um in geeigneten Straßenzügen eine Verkehrsberuhigung zu erreichen, wodurch der Straßenraum von allen Altersgruppen auch als Aufenthalts- oder Spielraum genutzt werden kann. Nur Zu- und Abfahrt ist erlaubt, nicht das Durchfahren. Und: Radfahrer dürfen in Wohnstraßen maximal in Schrittgeschwindigkeit, also maximal 5 km/h fahren.
Genau das ist’s, worauf die von täglichen Rad-Raser-Gefährdungen geplagten Anrainer in Andritz drängen. Genau das ist’s, was das Prüfungsergebnis vom Jänner 2023 ergeben hat. Doch genau das wird hier nun ignoriert, offensichtlich aus politisch-ideologischer Sichtweise manipuliert und der – mit 78 Prozent nicht zu geringe - Bürgerwille von offizieller Stelle boykottiert. Angesichts der nun schon jahrelangen Verzögerungen ist die Frage mehr als berechtigt: Ist diese Grazer Verkehrsplanung in der Tat planlos? Oder sind deren Akteure willfährig einer zuständigen Grün-Politikerin gegenüber, die mit einer von 17 Prozent der Grazer Wähler geborgten Macht und fremdem Geld die Stadt und ihre Bürger in Geiselhaft zu nehmen scheint?
Erich Cagran
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