Kulturschande statt Kulturerbe
- Karl-Heinz Leiss
- 2. März
- 2 Min. Lesezeit
Dass man in Graz mit kulturellen „Erbschaften” oft einen fahrlässigen Umgang pflegt, sorgt immer wieder für Empörung und Schlagzeilen. Noch peinlicher ist es, wenn das die Stadt selbst macht und es praktisch vor der Nase der verantwortlichen Stadtpolitiker stattfindet.
Ort der Schande ist die Davidgasse zwischen Hauptplatz und Kapaunplatz, oder genauer gesagt die dort installierte Schauvirtrine des Architekten und Architekturfotografen Peter Eder, in der ein erst vor 24 Jahren entdeckter Teil der Grazer Stadtgeschichte „versteckt” ist.

Seit Wochen verdecken die Hinterlassenschaften von Spraydosenkünstlern an den Schaufenstern der Vitrine die Sicht hinter die dokumentierte neue Geschichte des Grazer Hauptplatzes.
Ursprünglich war es 2021 die Intention des Amtes für Stadtentwicklung, in der Davidgasse für mehr Licht zu sorgen. Der in Salzburg geborene und in Graz lebende und schaffende Architekt DI Peter Eder (er verstarb am 16. Februar 50-jährig) entwarf dazu eine beleuchtete Vitrine mit dem Titel „Stadtgeschichten” und einem Sockel aus Murnockerln, die daran erinnern sollten, dass sich hier einst das Murufer befand. Diese Vitrine sollte mit wechselnden Kultur-Schaustücken und Dokumentationen bespielt werden. Eder entwarf für die Stadt auch die Einhausung des Trafohäuschens an der Ecke Schönaugasse/Grazbachgasse und den damals neuen Stützpunkt Augarten des Stadtgartenamts.

Doch bis heute zeigt diese Vitrine nur zweierlei: die Dokumentation und Exponate einer archäologischen Notgrabung im Jahr 2000 am Grazer Hauptplatz und den sorglosen Umgang mit dem Grazer Kulturerbe. Denn diese Notgrabung förderte völlig neue Erkenntnisse zum Hauptplatz zu Tage. Anders, als bis dahin angenommen, war der Hauptplatz nämlich nicht immer ein „freier Platz, sondern ab dem 12. Jahrhundert mit Holzhäusern, im 14. Jahrhundert mit Steinhäusern bebaut gewesen. Von der späteren Verbauung konnten sogar Grundmauern dokumentiert werden, die jetzt unter dem neuen Hauptplatz liegen.

Zuständig für die Vitrine ist übrigens nicht das Museum Graz, zu dem auch die Stadtarchäologie zählt und wo man sich freuen würde, diese Vitrine zu betreuen, sondern das Kulturamt. Diesem dürfte die Verschandelung der Vitrine durch die Sprayer ebenso entgangen sein, wie Mitarbeitern und Politikern im nicht einmal 150 Meter entfernten Rathaus. Sonst hätten diese sicher längst den stadteigenen, speziell dafür ausgerüsteten Grafitti-Entferungs-Trupp der GBG mit der Säuberung der Vitrine beauftragt.
khl
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