Grazer wurden „Automuffel”
- Karl-Heinz Leiss
- 27. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Juli
„Nur noch 31 Prozent aller Wege in Graz werden werktags von den Grazern mit dem Auto zurück gelegt, der Rest zu Fuß, mit dem Rad oder den Öffis.” Das ist die zentrale Aussage der Mobilitätserhebung 2024, die am Mittwoch von der für Verkehrs und Planung zuständigen Vizebürgermeisterin Judith Schwentner und ihrem Team als „klare Bestätigung dafür, dass Graz auf dem richtigen Weg ist”, präsentiert wurde.
Seit 1982 versucht die Stadt Graz mit der Mobilitätserhebung im Abstand von fünf Jahren zu ergründen, wie sich die Grazerinnen und Grazer innerhalb der Stadt an Werktagen bewegen. Dazu hat die ZIS & P Verkehrsplanung zwischen 10. Oktober und 20. November 2024 mit analogem Fragebogen 3.049 Personen ab 6 Jahren über ihr Mobilitätsverhalten befragt. „Das entspricht 0,9% der Wohnbevölkerung”, erläuterte der für Befragung und Auswertung verantwortliche Gerald Röschl. Die Fragebogen wurden an Haushalte versandt, die Haupt- und Nebenwohnsitzen entsprechen. Die Rücksendequote betrug 41 Prozent, wobei es einen signifikanten Unterschied zwischen den östlichen (mehr Rücksendungen) und westlichen Stadtteilen gegeben hat. Was die restlichen 59 Prozent machen, wurde von den Erstellern der „Studie" eingeschätzt bzw. hochgereechnet.

Niedrigster Anteil der Autofahrer seit 1982
Die Ergebnisse der aktuellen Befragung 2024 zeigen mit 31 Prozent den niedrigsten Weganteil der Lenkerinnen und Lenker im Motorisierten Individualverkehr seit Beginn der Erhebung 1982. Röschl: „Das ist als großer Erfolg zu bezeichnen.” Der Weganteil des öffentlichen Verkehrs ist seit 1982 bis 2024 auf 22 Prozent, der des Fahrradverkehrs ist auf 19 Prozent aller Wege gestiegen, wobei hier gegenüber 2021 ein Rückgang zu verzeichnen ist.
Für Projektleiterin Barbara Urban von Abteilung für Verkehrsplanung sind „die vorliegenden Befragungsergebnisse für uns die wichtigste Datengrundlage für die Erfolgskontrolle der umgesetzten Verkehrsprojekte und stellt auch die Weichen für nächste, strategische Entscheidungen im Mobilitätsbereich.”

Junge wollen nicht Rad fahren
Das sind neben dem weiteren Ausbau der Radwege und des Öffi-Angebots bei gleichzeitigem Zurückdrängen des Autoverkehrs, wie es ja der Mobilitätsplan 2040 vorsieht, derzeit auch Maßnahmen welche die Jugendlichen fürs Radeln begeistern sollen. Bei der letzten Erhebung 2021 hatten die 6- bis 10-Jährigen beinahe jeden zweiten Weg im Elterntaxi zurückgelegt, nun sind die jetzt 11- bis 15-Jährigen vor allem in den Öffis (56 Prozent) unterwegs. Allerdings: nur magere fünf Prozent mit dem Rad, was weniger sind, als bei den über 65-jährigen (7 Prozent). Da passen die jetzige Maßnahmen wie „Radspielplätze”, Kinder-Radlbonus oder „Bici-Bus ins Konzept …”
Motive für geändertes Mobilitätsverhalten interessierten nicht
Warum die Jugendlichen aber lieber Öffis benützen statt zu radeln, interessierte die Befrager nicht. Ihre Vermutungen reichen von ängstlichenEltern bis hin zu „in Bus und Bim können sie besser mit ihren Smartphones spielen”.
Ebenfalls uninteressant schien auch ein Abfragen der Motivation für den Verzicht aufs Auto zu sein oder, wie sich die wirtschaftliche Schieflage der Stadt bei gleichzeitigem Anstieg von auf Sozialleistungen Angewiesenen auf das geänderte Mobilitätsverhalten auswirkt.

Pendler kommen zu 80 Prozent mit dem Auto
Stichwort „Autoverzicht”: Wenig Veränderung zeigt sich im Mobilitätsverhalten der täglich nach Graz ein- und ausfahrenden Gruppe der Berufspendler. Aus einer Erhebung von Land und Stadt über die Mobilfunkdaten weiß man, dass hier rund 80 (!) Prozent der Wege per Auto zurückgelegt werden. „Die Fahrten über die Stadtgrenze hinaus bleiben eine große Herausforderung“, gibt Vizebürgermeisterin Schwentner zu. Hier setzt man etwa auf den Ausbau der Regio-Busse (deren Passagiere am zentralen Busbahnhof Andres-Hofer-Platz allerdings noch Monate auf einen Wettergeschützten Wartebereich und öffentliche Toiletten auskommen müssen!), die Radoffensive des Landes oder auf die Koralmbahn, die so hofft Schwentner, für Pendlerinnen und Pendler aus der Weststeiermark ein „Game Changer“ werden könnte.
KHL.
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