Erbschafts-Spenden immer wichtiger
- Redaktion

- 25. Sept.
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Insgesamt 115 Millionen Euro spendeten Östereicherrine und Österreicher im Vorjahr testamentarisch für gemeinnützige Anliegen. Die Mittel sind mittlerweile in ganz Österreich eine unverzichtbare Stütze bei der Finanzierung von humanitärer Hilfe, Bildung, Tierschutz oder Kultur. In der Steiermark hat sich die Bereitschaft zu einem gemeinnützigen Testament seit 2018 verdoppelt.
Jede fünfte Person in der Steiermark 8st offen für ein Vermächtnis für den guten Zweck, aber große Wissenslücken bei Erbrecht und Testament allgemein. Das ergab eine Studie von „Vergissmeinnicht – Die Initiative für das gute Testament“ die heute in Graz vorgestellt wurde. Die Studie, die in Kooperation mit der Notariatskammer gemacht wurde, legt bundesweit einen großen Nachholbedarf beim Thema Testament offen: Nach wie vor haben nur 31% der über 40-jährigen mit einem Testament vorgesorgt. Die Steiermark liegt mit 32% knapp über dem Durchschnitt. „Jedes Jahr gibt es zahlreiche Fälle, in denen der letzte Wille Verstorbener nicht erfüllt werden kann, weil ein inhaltlich fehlerhaftes oder ein den gesetzlichen Bestimmungen widersprechendes Testament vorliegt,“, erklärt Markus Aichelburg, Leiter der Initiative Vergissmeinnicht.
Für die Hälfte aller Steirer:innen ist ein Notariat die erste Anlaufstelle beim Thema Testament. Notarin Dr. Astrid Leopold aus Graz weiß daher aus der Praxis: „Die meisten Menschen haben verständlicherweise Ängste, sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen. Doch sind die persönlichen Vorstellungen der Nachlassregelung einmal gemeinsam besprochen und der letzte Wille formuliert, stellt sich meist große Erleichterung ein. Ein Testament ist übrigens immer eine Momentaufnahme und kann selbstverständlich, abgestimmt auf die jeweilige Lebenssituation, jederzeit wieder geändert werden.“
Jeder zehnte Spendeneuro in Österreich aus einem Testament
Angesichts des demographischen Wandels hin zu mehr kinderlosen Menschen und Einpersonen- Haushalten stellt sich für immer mehr Menschen die Frage, was mit ihrem Vermögen nach dem Ableben geschehen soll. Zudem werden sich die vererbten Mittel laut Prognosen bis 2050 von derzeit 21,5 Mrd. € jährlich auf fast 41 Mrd. € verdoppeln – vor allem, weil die Vermögenswerte der Baby-Boomer-Generation in den kommenden Jahrzehnten vererbt werden. Wenn keine natürlichen Erbinnen und Erben existieren und kein Testament vorliegt, fällt das Vermögen automatisch an den Staat. Allein 2024 erbte der Staat auf diesem Weg 18,6 Mio. € im Rahmen erbloser Nachlässe.
Eine wachsende Personenzahl entscheidet sich dafür, einen Teil ihres Vermögens gemeinnützigen Einrichtungen zu hinterlassen. Diese Spendenform liegt international im Trend und auch in Österreich ist das Aufkommen im Vorjahr auf 115 Mio. € gestiegen. Damit stammt jeder zehnte Spendeneuro aus einem Testament. Auch in der Steiermark wächst das Interesse: Mittlerweile kann sich jede sechste Person über 40 Jahre vorstellen, den gesamten Nachlass einmal gemeinnützigen Einrichtungen zu vermachen. Bei einem Vermächtnis für den guten Zweck (Teil der Erbschaft) ist der Anteil noch höher (jede fünfte Person). Am höchsten ist die Bereitschaft in Vorarlberg mit 29%, gefolgt von Wien mit 25%.

Unverzichtbare Mittel für gemeinnützigen Wirkungsfelder
Erbschaften finanzieren sowohl laufende NPO-Projekte als auch völlig neue Hilfsangebote und entfalten ihre Wirkung quer über alle gemeinnützigen Bereiche – u.a. im Einsatz für gelebte Inklusion in Berufsleben und Freizeit, wie Susanne Maurer-Aldrian, Geschäftsführerin von LebensGroß, festhält: „Testamentsspenden sind für LebensGroß ein wichtiger Bestandteil der Finanzierung. Sie unterstützen uns dabei, unsere Dienstleistungen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen weiter zu entwickeln und neue Angebote zu realisieren. Dank Spenden können wir uns stärker für eine Welt engagieren, in der sich alle auf Augenhöhe begegnen und jeder Mensch sein Potenzial entfalten kann. So machen wir unsere Gesellschaft gemeinsam inklusiver.“
Aber auch im Tierschutz sind Vermächtnisse ein unverzichtbares Standbein, gibt Karl Forstner, Obmann von ARCHE NOAH-Aktiver Tierschutz Austria, Einblick: „Wir sind zutiefst dankbar für das Vertrauen, das uns Menschen mit ihrem Vermächtnis entgegenbringen, und für die wertvolle Chance, gemeinsam stark für Tiere zu sein. Testamentsspenden sind eine besondere Art, Liebe und Fürsorge für notleidende Tiere über das eigene Leben hinaus fortzusetzen. Durch Ihre großzügige Unterstützung ermöglichen Sie uns, ein umfassendes Rundum-Paket zu gewährleisten: Von der Rettung und medizinischen Versorgung verletzter Tiere, über die liebevolle Betreuung im Tierheim, bis hin zur sorgfältigen Suche nach einem dauerhaften, fürsorglichen Zuhause. Dank Ihnen können wir diesen Tieren eine bessere Zukunft schenken.“
Erbschaften von 50.000 bis 100.000 €
In.gesamt schlägt das Herz der steirischen Testamentsspender:innen vor allem für die Bereiche Tierschutz, Umweltschutz sowie Gesundheit, Pflege und Soziales. Tendenziell werden Vermögen zwischen 50.000 und 100.000 € vererbt. Zu über 90 Prozent stammen die bereits geleisteten Testamentsspenden von alleinstehenden und kinderlosen Personen. „Daneben bemerken wir aber, dass sich auch immer mehr Menschen mit Nachkommen bewusst als Familie dafür entscheiden, einen Teil des Vermögens bestimmten gemeinwohlorientierten Organisationen zu vermachen“, so Markus Aichelburg.
Über die Initiative „Vergissmeinnicht“
Rund 100 Mitglieder-Organisationen aus den Bereichen Soziales, Tier- und Umweltschutz bis hin zur Kulturförderung sind Teil von „Vergissmeinnicht”. Mit einem umfassenden Serviceangebot (u.a. Erbrechtsratgeber, digitaler Testamentsrechner, Notarvideos) und kostenlosen Veranstaltungen klären sie in Kooperation mit der Notariatskammer seit 2012 über das Erbrecht auf und informieren, was beim Wunsch nach einer Testamentsspende beachtet werden sollte. Im Bundesland Steiermark informiert Vergissmeinnicht derzeit im Rahmen der „Woche des guten Testaments“ mit Informationsveranstaltungen über Erbrecht und Testament.
Weitere Infos: www.vergissmeinnicht.at


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