Das Einfache ist groß!
- Burkhard Stulecker
- 30. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Mai
Am 24. April verstarb der große Filmemacher, Kameramann und Regisseur Hans Günther Bücking in seiner Heimat Thüringen im 74. Lebensjahr. Vor knapp vier Jahren feierte er noch mit seiner Ehefrau Marion Mitterhammer und Freunden seinen 70. Geburtstag in Graz, da, wo er seinen letzten Kino-Film „Taktik” – die Geschichte der Geiselnahme in der Strafanstalt Karlau – drehte.

Es ist schwer als Freund, und Freunde wurden wir gleich, schon während der Vorbereitungen zu diesem Film für den ich die Ausstattung machte, klare Worte zu finden. Der Mensch, der uns vor wenigen Tagen verlassen hat, ist einfach zu nah, zu spürbar. Daher zwinge ich mich erst einmal mit Fakten über Gefühle hinweg.
Noch in der DDR geboren, Anfang der 60er-Jahre in den „Westen“ gekommen, studierte Hans Günther Bücking Kunst, arbeitete als Bildhauer, Steinmetz, jobbte als Beleuchter beim Film und wurde schließlich Kameraassistent bei Werner Fassbinder, zum Kameramann ließ er sich schließlich ausbilden. Sein unglaubliches Gespür, Szenen ins richtige Licht zu setzen, wurde mit dem Deutschen Kamerapreis für „Der gläserne Himmel“, 1988, „Der Tanz mit dem Teufel“ 2002, „Blackout- Die Erinnerung ist tödlich“ mehrmals belohnt. 2005 erhielt er den Bayrischen Filmpreis in Gold für die Bildgestaltung in „Schneeland“. Aber auch als Regisseur stellte er sich ins rechte Licht. 2003 dreht er mit Fritz Karl und Christoph Walz in den Hauptrollen das Wilderer-Drama „Jennerwein“, wo er nebst Kamera und Regie auch am Drehbuch beteiligt war. 1999 starb seine Frau, mit der er zwei Söhne hatte, zwölf Jahre später heiratet er die aus der Steiermark stammende Schauspielerin Marion Mitterhammer. Auf der „Grazer Opernredoute“, zu der er seine als Ehrengast geladene Frau begleitete, traf man auf Eduard Hamedl, der den beiden hemmungslos von seiner Vermittlerrolle im spektakulären Geiselfall in der Karlau von 1996 erzählte. Für Hans, der sich im Smoking und auf dem Tanzparkett der Nobile nicht wirklich zuhause fühlte, war die Geschichte des ehemaligen Grazer Polizeibeamten die Rettung der Ballnacht und somit auch beschlossene Sache, dass man diesen Stoff verfilmen wird.
Meine erste Begegnung mit Hans war anders, als sonst bei Regisseuren üblich. Diese Ausstrahlung, Kraft und die Art, jemanden mit dem Herzen in eine Produktion aufzunehmen, wird in meiner Laufbahn als Ausstatter wohl einzigartig bleiben. Budget und Zeitknappheit, komprimierte 12-Stunden Drehtage in der ehemaligen Kirchner Kaserne die vor allem den Schauspielern Marion Mitterhammer, Michou Friesz, Harald Krassnitzer, Simon Hatzl, … das letzte abverlangten, entschärfte der einst „junge Wilde“ durch seine unglaublich humorvolle Art, diese fast spielerisch durch eine mörderische, nervenzermürbende Geschichte zu führen und bei Laune zu halten.

Seine Herzprobleme ignorierte er, wie sonstige Konventionen, die beim Film üblich sind, etwa Arroganz, Respektlosigkeit oder Machtgehabe. Seine Erschöpfung nie zur Schau stellend, beendete er mit Marion jeden Arbeitstag beim „Griechen“ in der der Luthergasse, im Restaurant „Santorin- Zum verlorenen Sohn“, wo er am 20. September 2021 seinen letzten runden Geburtstag feierte.
Sein Kopf war noch voll mit Projekten, auch in Graz, selbst, als es ihm nicht mehr leicht fiel, seine Müdigkeit zu überspielen. Leider hatte das Schicksal verschlafen, uns schon viel früher zusammenzuführen.
Burkhard Stulecker
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