Andritz: Regen - und die Hochwasser-Angst ist wieder da
- Erich Cagran

- 25. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Apr.
Seit den neuerlichen Überflutungen im Juni 2024 sind viele Andritzer sensibel. Die aktuellen Ängste vor neuerlichem Schöckelbach-Hochwasser sind soziologisch erklärbar.

Die am Donnerstag anhaltenden Starkregen und die Feuchtigkeit am heutigen Freitag zeigen Wirkung. Menschen, die im vorigen Juni bereits zum sechsten Mal die Überflutungen ihrer Objekte erleiden mussten, sind aufgeregt, teils paralysiert. Manche pilgern zum Bach, um den zu schauen, ob Gefahr droht. Vor dem Lokal „Wilde Möhre“ neben der Post, unweit dem Andritzer Hauptplatz stapeln sich bereits wieder Sandsäcke. In den bekannt-betroffenen Nebengassen westlich des Schöckelbaches werden Barrikaden bereitgestellt.
Kleinste Auslöser genügen bereits
Dabei war es bloß ein Regen von 19,4 Liter pro Quadratmeter, wie „Geosphehre“ (Ex-ZAMG) meldete. Und dennoch: Die Angst geht um. Das lässt sich, so der führende Grazer Katastrophenforscher, Univ.-Prof. Gerhard Grossmann, leicht erklären. Und soziologisch-wissenschaftlich begründen. „Das ist ein klassischer Fall von „flash-back“ – der kleinste Auslöser wie ein „normaler“ Regen genügt, um diese Ängste bei Betroffenen wachzurufen“, so Grossmann.
Wodurch entsteht diese wiederkehrende Angst? Grossmann: „Durch falsches Beruhigen der Bevölkerung, wie es von der Politik permanent gemacht wird. Echte Information, was, wann, wo und warum passieren kann ist das Um und Auf. Information, die von den Menschen verstanden wird, auch wenn sie noch so schlimm sein mag“.

Büro Kahr: „Das Möglichste unternommen”
Die BIA-BürgerInitiativeAndritz hatte diesbezüglich eine Anfrage an Bürgermeisterin Elke Kahr gerichtet. Die Antwort von Wolfgang Wehap aus dem Büro der Bürgermeisterin: „Die Situation in Andritz, das Hochwasser betreffend, ist natürlich bekannt, und es wird von Stadt, Holding und Land auch das Möglichste unternommen, um Verbesserungen für die anwohnende Bevölkerung zu schaffen. Insofern ist die Antwort auf die Frage auch klar, dass hier seitens der Bürgermeisterin höchstes Interesse besteht, den Hochwasserschutz am Schöcklbach auszubauen“.
Also wieder eine Antwort, wie üblich. So, wie von Prof. Grossmann als genau das Falsche genannt. Der Professor kritisch: „Das ist leider ein häufiges Spiel der Politik, dass man mit Unwahrheiten die Menschen zu beruhigen versucht“. Im konkreten Fall geht es um ein seit 2005 bestehendes Problem. Für dessen Lösung, sprich: Ausbau des Schöckelbaches auf die Sicherheitsstufe eines 100-jährigen Hochwassers, es 2009 einen einstimmen Gemeinderats-Beschluss gibt. Das Hochwasser vom Juni 2024 war das sechste – an ein und derselben Austrittstelle. Von „das Möglichste getan“, wie Wehap schreibt, merkt nur niemand etwas.

Häufiges Briefing statt Schwentners Schweigen
Was kann man in diesem Fall tun, Herr Professor Grossmann? „Häufiges Briefing der Bevölkerung ist die Basis, das grundsätzliche Vorbereitetsein die beste Vorsorge. Neben den überfälligen baulichen Maßnahmen“. Was die Information der Bevölkerung im Anlassfall betrifft, hat Grossmann zwei Untersuchungen in Andritz gemacht. Ergebnis: „Beim Ereignis 2005 gaben 91,2 Prozent an, kaum bis gar nicht informiert gewesen zu sein. 2009 hat sich auch durch mediale Aufmerksamkeit dieser „Pegel“ der Uninformiertheit auf 78 Prozent reduziert“.
Was aber sagt die für den Hochwasserschutz zuständige Bürgermeisterin-Stellvertreterin von den Grünen, Judith Schwentner? Nichts. Sie verweigerte sich dem Thema sogar bei einer von ihr im vorigen Herbst in Andritz gestalteten Bürgerversammlung. Sie wollte nur über ihre Radprojekte reden – vor Fragen zum Hochwasserschutz ließ sie die Fragestunde beenden …
Erich Cagran


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